Das erste Interview

Ich hatte nicht gedacht, dass es so schnell geht. Dass wir irgendwann ein Autoren-Interview zu den Elefanten führen, stand schon länger fest, ein fester Termin aber noch nicht. Jetzt haben wir es gestern mehr oder
weniger spontan gemacht. Nachfolgend das von Tanja Pohl von Hufies Lesestall geführte Interview mit freundlicher Genehmigung der Redaktion: Danke Tanja.

Helmut Pöll hat mich auf der Plattform www.goodreads.com angesprochen und gefragt, ob ich nicht Lust habe seinen Roman „Die Elefanten meines Bruders“ zu lesen und zu rezensieren. Nach eingehender Studie der Leseprobe habe ich sehr gerne zugesagt und ihn so kennengelernt. Die Rezension zu seinem Buch habt ihr ja sicher schon gefunden bei mir, wenn nicht dann aber hurtig hier schauen: http://www.hufieslesestall.de/2013/02/13-2013-helmut-poll-die-elefanten.html

Lieber Helmut, im Auftrag von Hufies Lesestall habe ich nun 10 Fragen an Dich – bist Du bereit?

  1. Die Leser von Hufies Stall sind von Natur aus neugierig, wie würdest Du Dich selbst beschreiben?

    Dann passe ich ja gut hierher. Ich bin extrem neugierig. Nicht in dem Sinn, dass ich andere Leute aushorche, um die Neuigkeiten dann weiterzuerzählen. Eher neugierig im Sinn von vielseitig interessiert. Ich höre gerne zu, wenn jemand über Astronomie erzählt, oder über Hunde, oder über Kochen, oder über Asien, die transsibirische Eisenbahn und schöne Balkonpflanzen. 

  2. Auf Deiner Homepage: http://www.dieelefantenmeinesbruders.de/ kann man herausfinden, dass Dein beruflicher Werdegang Dich schlussendlich
    wieder zum Schreiben gebracht hat. Können wir daraus schließen  dass Schreiben für Dich schon immer eine Leidenschaft war? Seit wann schreibst Du?

    Ich schreibe eigentlich schon immer, mal mehr,mal weniger,in unterschiedlichen Genres. Eine Zeit lang habe ich nur Kurzgeschichten und Satiren geschrieben. Unsere Satiregruppe hieß "Palastrevolution", die Seite gibt es sogar noch: www.palastrevolution.de . Sie dümpelt aber aktuell nur vor sich hin. Das war wirklich eine lustige Zeit. Wir haben  in München, Frankfurt und Berlin Lesungen organisiert. Jetzt bin ich mit den Elefanten wieder zu den längeren Geschichten zurückgekehrt.



  • Wenn ich Rezensionen schreibe, dann laufe ich mit Zettel und Stift bewaffnet durchs
    Leben um auch ja nicht die kleinste Eingebung zu vergessen. Geht Dir das
    ähnlich oder schreibst Du ganz übersichtlich nur am PC?

    Ich liege beim Schreiben auf der Couch, mit meinem Notebook auf den Knien. Mit
    den Zetteln habe ich auch mal experimentiert und hatte an einer Wand einen
    großen, weißen Karton. Darauf klebten dann irgendwann hunderte von Zetteln und
    ich habe vor lauter Zetteln bei meiner Geschichte nicht mehr durchgeblickt.
    Deshalb schreibe ich jetzt alle Notizen ebenfalls in ein Textdokument. Ganz
    stur untereinander.

  • Ich hoffe die nächste Frage ist nicht zu persönlich. Woher nimmst Du Deine Ideen?
    Besonders meine ich natürlich, die für mich wirklich authentische, Figur des
    Billy. Hast Du das recherchiert, oder persönliche Erfahrungen mit dem Thema
    ADHS?

    Ich beobachte gerne, zum Beispiel Leute in
    der Ubahn oder ich versuche in der Kneipe herauszufinden, wie sich die Sätze
    von Leuten unterscheiden. Das ist unglaublich interessant. Ausserdem blödele ich gerne rum. Die Ideen kumulieren dann von selber. Sie sind
    einfach da.

  • Billy ist mir über den Weg gelaufen. Ich
    hatte einige Wochen lang ganz lustlos an einer Geschichte mit einem Engel
    rumgeschrieben. Irgendwie fand ich die Geschichte blöd, konnte aber auch nicht
    aufhören. Eines Morgens im Frühjahr ging ich zur Sparkasse. Da gibt es eine
    Stützsäule. Vor mir am Automat war eine Frau mit zwei Kindern, ein Junge, ein
    Mädchen. Die Frau wirkte irgendwie völlig apathisch und achtete gar nicht auf
    die Kinder. Das Mädchen riss immer wieder die Türe auf, so dass eisige Luft
    reinkam. Das hat mich total genervt, weil ich ein wenig angeschlagen war. Dann
    fing der Junge plötzlich an um die Säule zu laufen und hat dabei die Runden
    gezählt: eins, zwei…Und plötzlich meldete sich eine Stimme in meinem Kopf, die
    sagte: das ist es, schau hin. So sind die Elefanten entstanden und deshalb
    läuft Billy darin auch um die Säule.

    Erfahrungen mit ADHS hatte ich vorher nicht,
    aber ich habe ziemlich viel recherchiert. Nachdem das Buch dann raus war hat
    sich herausgestellt, dass es in meinem Freundes- und Bekanntenkreis einige
    Leute mit der Diagnose ADHS gibt. Das war vorher nie Thema, vielleicht aus
    Angst, dass es als Makel empfunden werden könnte. Das fand ich sehr traurig,
    weil es natürlich kein Makel ist.



    5.  Wann schreibst Du und wie lange in etwa am Tag?


    Die Elefanten habe ich ganz bürokratisch täglich von 9 bis 12 Uhr morgens
    geschrieben. Manchmal bin ich ein wenig zwanghaft. Aber die wirkliche Erklärung
    ist, dass ich in dieser Zeit frei hatte. Das klingt wahnsinnig bürokratisch,
    aber diese Stützstruktur tut mir gut. Insgesamt schreibe ich gar nicht so viel.
    Wenn, dann schreibe ich meistens nur eine Stunde, aber eben auch nicht jeden
    Tag. Ich würde mich eher als Brüter einstufen, der lange über eine Geschichte
    nachdenkt, sie im Kopf schon vorschreibt und dann in kurzer Zeit aufs Papier
    bringt.

    6.       Welche Autoren gehören zu Deinen persönlichen Favoriten, welches ist Dein
    Lieblingsbuch?

    Da gibt es einige. Kazuo Ishiguro, Haruki
    Murakami, Thomas Mann, J.D. Salinger. Joseph Conrad. Mein Lieblingsbuch ist
    "Der Fänger im Roggen".

    7.       Die Meinungen für die Elefanten sind ja durch die Bank weg positiv… (gratuliere
    dazu btw!) …. Aber wie würdest Du (wenn vorhanden) mit negativer Kritik
    umgehen? 


    Vielen Dank. Das freut mich wirklich sehr. Ich denke, dass ich mittlerweile
    negative Kritik gut annehmen kann. Ich habe mit der Palastrevolution einige Satire-Lesungen
    veranstaltet, bei denen wir im Anschluß von unseren politisch und rhetorisch
    versierten Zuhörern richtig zerlegt worden sind. Das ist erstmal furchtbar,
    stärkt einen aber auch. Im Nachhinein war so manche Kritik phantastisch und hat
    für das Schreiben mehr gebracht als das schönste Lob. Mit dem Schreiben ist es
    ein wenig wie beim Boxen.  Ohne die
    blauen Augen geht es nicht. Aber irgendwann lernt man, wo die Schwachstellen
    sind und schaut genauer hin.

    8.       Wenn Du einen Wunsch frei hättest, welcher wäre das?

    Du meinst, wenn es an meiner Wohnungstür
    klingelt und es gar nicht der DHL-Bote ist, sondern eine Fee mit Zauberstab?
    Dann würde ich mir ein kleines Theater wünschen, das immer gut besucht ist. Das
    sollte eine Fee hinbekommen, oder? Als Theaterdirektor würde ich dann erstmal eine
    zweimonatige Pilgerreise in Japan machen.

    9.       Da ich in meinem Blog viele Indie Autoren interviewen möchte (und hoffentlich auch
    von vielen gelesen werde) : Gibt es ein Ratschläge oder Tipps, die Du gerne
    anderen Indies mit auf den Weg geben möchtest?

    Eigentlich nicht. Oder doch vielleicht den:
    schreibt zuerst und macht die Bügelwäsche hinterher .

    10.   Billy ist ein wirklich toller Charakter, wie ich schon in meiner Rezension schrieb,
    MUSS man ihn einfach lieben und ich finde er ist echt eine tragende Rolle, die
    Dein Buch ausmacht. Umso interessante finde ich es, ob Du Dir die Geschichte
    auch mit einem Erwachsenen Protagonisten hättest vorstellen können?

    Danke. Nein, zu dieser Geschichte passt nur
    ein Kind. Trotzdem ist es kein Kinderbuch. Ich habe viele Rückmeldungen wie
    Deine zu Billy bekommen, vor allem von Erwachsenen, und habe mir lange
    überlegt, was die Wirkung von Billy ausmacht. Ich bin zu folgendem Ergebnis
    gekommen: wir können im Windschatten dieses Kindes über unsere eigenen Verluste
    trauern. Dieses Ventil gibt er uns, wenn wir ihm nachrennen. Er gibt es uns,
    weil er in seinem ganzen Schmerz immer authentisch bleibt und die Dinge nicht
    relativiert, weil er nie sagt "ist schon ok", wenn es eigentlich
    nicht ok ist. Hört sich komisch an, aber das ist meine Erklärung.

    Das waren alle meine Fragen, ich danke Dir für die Zeit, die
    Du Dir genommen hast und wünsche Dir Alles erdenklich Gute und natürlich
    vieeeeeel Erfolg mit den Elefanten.



    Das Original des Interviews findet ihr hier:

    http://www.hufieslesestall.de/2013/03/hufies-heisser-stuhl-autoren-stellen.html

    Tags:

    Inhalt teilen: